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2011, "MERLIN oder Das wüste
Land",
Tankred Dorst
eine Kooperation von Schaustelle Halle e.V., Ebeling & Kollegen Leipzig und
Künstlerhaus Thüringen, Schloß Kannawurf
Regie: Stefan Ebeling
Produktionsleitung: Jana Huber
Technik: Sven Suppan
Bühnenbild: Thomas Blase
Regieassistenz: Clara Hofmann
Hospitanz: Jaqueline Beyer
Spieler: Astrid Kohlhoff, Heike Ronniger, Conny Wolter, Simon van Parys,
Mario Pinkowski, Johannes GabrielFotos: Rene Schäffer
"… Es ist kaum mehr als ein Nichts, mit dem sich das
sechsköpfige Ensemble der gewaltigen Geschichte stellt: Links ein Rollator,
rechts ein Einkaufswagen, dazwischen sieben Stühle und am Rande die
gewaltige Scheibe, die sich später als unbequemes Zentrum für die Tafelrunde
von König Artus entpuppen wird. Auch bei den Kostümen setzt Ausstatter
Thomas Blase auf Purismus: In knappen weißen Uniformen stürzen sich die
Darsteller in die Schlacht, wenige Accessoires kennzeichnen fortan die
wechselnden Charaktere. Und die sind zahlreich: Neben Merlin und seinen
Eltern - der Mutter Hanne und dem Vater Satan - begegnet der Zuschauer
Rittern wie Lanzelot und Agrawain, dazu Artus und seiner Frau Ginevra, dem
Bastard Mordred und Morgause und und und ... Solch personelle Überforderung
verlangt natürlich nach besonderer Energie und Phantasie - und damit wartet
der ernst gemeinte Spaß von Anfang an auf. …
…Dorsts Panorama, das nach einer Präsentation im Breitwand-Format verlangt
und dessen Aufführung sogar schon auf zwei Abende aufgeteilt wurde, ist hier
zu aphoristischer Kürze verknappt. Statt dessen erzählt das Sextett von der
Verfertigung der Handlung beim Spielen, von der Zurichtung der Figuren für
und durch die Geschichte - und von der Lust am Gelingen wie dem Mut zum
Scheitern, die dem Plan des Zauberers wie dem eigenen Projekt eingeschrieben
ist.
Denn dieser Merlin, den Astrid Kohlhoff zwischen Entschlossenheit und
Zweifel zeigt, will ja auch stets das Gute - und befreit die Menschen dann
doch "zum Bösen", wie es sein diabolischer Vater von Anfang an gewünscht
hat. Das ganze Ensemble spricht diesen Teufel, dessen Stimme zeitweise
direkt aus dem Leib seines Sohnes zu kommen scheint. Da ist es schon fast zu
spät, hat die traumverlorene Ginevra (Conny Wolter) mit ihrer Schönheit
längst das Herz des arglosen Recken Lanzelot (Mario Pinkowski) gebrochen und
ihren treuherzigen Gatten Artus (Simon van Parys) betrogen. Dass der böse
Mordred (Johannes Gabriel) daraus seinen Vorteil ziehen wird, zeichnet sich
längst ab. Das einfache Volk aber, dem Heike Ronniger mit Lust am Chargieren
und an Komik immer neue Gestalt gibt, bleibt ein Zaungast dieser
Machtkämpfe. …
… Zu loben bleibt an diesem Abend, der als Gemeinschaftsprojekt der
Ensembles Schaustelle Halle und Ebeling & Koll. Leipzig mit dem Thüringer
Künstlerhaus Kannawurf auch kulturpolitisch bemerkenswert ist, vor allem
seine ausgeprägte Körperlichkeit. Wie sich aus drei Menschen ein Engel
formt, wie Merlin auf den Händen dienstbarer Geister durch die Lüfte fliegt
oder die Invaliden der Gralssuche heimgehinkt kommen - das sind Bilder,
deren Kraft und Schönheit sich einprägen. Und wenn es Nacht wird über der
Burg, dann sorgt ein Lied vor der Schlacht zwischen Vater und Sohn für die
finale Magie. Gespielt wird es auf einer Gitarre namens Excalibur."
Andreas Hillger, Mitteldeutsche
Zeitung, 22.07.2011
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